Die digitale Souveränität ist kein Thema mehr, das nur Großkonzerne oder Behörden betrifft. Spätestens seit das Ende des Supports für Microsoft Office 2016/2019 und die Debatte um die Delos Cloud zeigen, wie abhängig selbst öffentliche Verwaltungen von US-Anbietern sind, sollte auch der Mittelstand aufhorchen. Baden-Württemberg steht exemplarisch für die Herausforderungen – und die Alternativen.
Delos Cloud: Souverän, aber nicht ohne Risiken
Die Delos Cloud, eine Initiative von SAP, Arvato Systems und Microsoft, soll ab 2027 der deutschen Verwaltung eine „souveräne“ Cloud-Lösung bieten. Doch was bedeutet das konkret?
- Vorteile:
- Betrieb unter deutschem Recht, physisch getrennt von Microsofts globaler Infrastruktur.
- BSI-Zertifizierung (inkl. VS-NfD-Einstufung) und regelmäßige Audits.
- Fokus auf Datenschutz und Compliance mit EU-Recht.
- Kritische Punkte:
- US CLOUD Act bleibt relevant: Die Anwendungsebene läuft auf Microsoft-Software – theoretisch könnten US-Behörden Zugriff erzwingen, wie man in der Stellungnahme des baden-württembergischen Ministeriums des Inneren nachlesen kann.
- Kosten: 15 % Aufschlag auf Microsoft-Listenpreise, plus unklare Volumenrabatte.
- Verfügbarkeit: Noch keine verbindlichen Zeitpläne oder Leistungsgarantien.
Baden-Württemberg prüft die Delos Cloud, setzt aber nicht ausschließlich darauf. Stattdessen werden Alternativen wie openDesk (ZenDiS/STACKIT) oder die Deutsche Verwaltungscloud (DVC) evaluiert – ein föderaler Marktplatz für zertifizierte Cloud-Dienste.
Warum KMU nicht abwarten sollten
Die Diskussion um die Delos Cloud zeigt: Abhängigkeit von US-Hyperscalern ist ein strategisches Risiko – für Behörden und Unternehmen. Drei Gründe, warum auch KMU jetzt handeln müssen:
- Regulatorischer Druck
- Die DSGVO und branchenspezifische Vorgaben (z. B. im Gesundheitswesen oder Finanzsektor) erfordern oft lokalisierte Datenhaltung.
- US-Clouds wie AWS oder Microsoft 365 unterliegen dem CLOUD Act – ein Compliance-Risiko, das Kunden oder Partner zunehmend hinterfragen.
- Kostenkontrolle
- Die Delos Cloud zeigt: „Souveräne“ Lösungen sind oft teurer als Standard-Clouds. Doch langfristig sparen Unternehmen Geld, wenn sie Vendor Lock-in vermeiden.
- Beispiel: Ein Wechsel von Microsoft 365 zu Open-Source-Alternativen wie Nextcloud, Synology Office oder Collabora Online kann Lizenzkosten senken – bei gleicher Funktionalität.
- Wettbewerbsvorteil
- Datensouveränität wird zum USP: Immer mehr Auftraggeber (v. a. im öffentlichen Sektor) verlangen nachweislich souveräne IT-Infrastrukturen.
- Wer früh umstellt, positioniert sich als vertrauenswürdiger Partner – besonders in Branchen wie Legal, Health oder kritischer Infrastruktur.
Praktische Alternativen für KMU
Baden-Württemberg möchte auf ein Multi-Cloud-Modell mit Fokus auf Open Source und europäische Anbieter setzen. Das lässt sich übertragen:
| Anforderung | Lösung für KMU | Vorteil |
|---|---|---|
| Office-Suite | LibreOffice, Synology Office, Collabora Online | Keine Lizenzkosten, DSGVO-konform |
| Cloud-Speicher | NextCloud, Synology Hybrid mit C2 | Volle Datenhoheit, BSI-C5-zertifiziert (NextCloud) |
| E-Mail & Kollaboration | MailCow, Zimbra, Synology MailPlus oder openDesk | Keine Abhängigkeit von Microsoft/ Google |
| IaaS/PaaS | STACKIT, Synology C2, IONOS Sovereign Cloud | Deutsche Rechenzentren, z.T. Open-Source-Basis |
Fazit: Souveränität ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit
Die aktuelle Debatte in Baden-Württemberg macht klar: Wer heute noch auf reine US-Clouds setzt, riskiert morgen Compliance-Probleme, höhere Kosten oder sogar Kundenverluste. Für KMU bedeutet das:
- Prüfen, welche Daten wirklich souverän gehostet werden müssen.
- Testen, ob Open-Source- oder europäische Alternativen die Anforderungen erfüllen.
- Umstellen, bevor regulatorischer Druck oder Lieferkettenvorgaben es erzwingen.
Die gute Nachricht: Es gibt längst ausgereifte Lösungen – von Nextcloud, Synology über STACKIT bis hin zu zertifizierten Sovereign-Cloud-Angeboten. Wer jetzt handelt, spart nicht nur Geld, sondern sichert sich auch einen Wettbewerbsvorteil.
Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus? Setzen Sie bereits auf souveräne IT-Lösungen – oder planen Sie den Umstieg?